Im 2. Teil dieser Spielregeln geht es nun um das, was das Hutschnurspiel, besonders in einer (oben beschriebenen) festen Spielgemeinschaft, über Jahre hinaus interessant macht: die etwas komplizierteren Sonderregeln.
Etwas voraus: Diese Sonderregeln sind, wenn es auch oftmals nicht so scheinen mag, wohlüberlegt, sinnvoll und jahrelang in der Praxis bewährt. Es wird daher dringendst empfohlen, keine Änderungen vorzunehmen.
Auch wird empfohlen, die Sonderregeln nach und nach einzuführen, damit das Spiel nicht auf einmal zu kompliziert wird.
2.1: Die E-Runde
Zu Beginn eines Abends, sozusagen als Aufwärmtraining, spielt man eine E-Runde. * (”Eröffnungs-Runde”, “Eingangs-Runde”, ” Erholungs-Runde”, ” Erheiterungs-Runde”, Entdeckungs-Runde”, ” Enthemmte Runde”, “Eintrachts-Runde”, “Egal-Runde”, etc…).
Man spielt hemmungslos daher, denn es geht um nichts, um gar nichts. Obligatorisch sagt die Kleine Partei als erster an. Daraus läßt sich ableiten, daß der Kanzler den reellen Spielteil des Abends mit seiner Ansage eröffnet. Das System des zu drehenden Kugelschreibers findet also nur beim ersten Abend einer Spielformation Anwendung und entfällt danach weitgehend.
(Seit Frühjahr 1988 bezeichnet man diese Runde gerne auch als sogenannte “Esens-Runde”, seit Frühjahr 2013 gerne auch als Tonirunde.)
* Dies muss zwingend ausgeführt werden, wenn der letzte Spielabend mehr als zwei Monate zurückliegt. (Redaktionelle Änderung am 23.03.2013, Harlesiel)
2.2: Auf biegen und heizen!
Wenn in einer Spielrunde bereits vier Stiche angesagt sind, so haben die nächsten Mitspieler die Möglichkeit, weitere Stiche mit oder ohne der Beifügung “auf biegen und heizen” (oder kurz: “…auf ziehen!”) anzusagen.
Wird die Formulierung gebraucht, so bewirkt diese eine Verdopplung der Plus- bzw. Minuspunkte des betroffenen Spielers. Sollte ein Mitspieler sich seiner Sache sehr sicher sein, so steht es ihm frei, die Formulierung jederzeit zu verwenden (also auch schon bevor vier Stiche angesagt sind). Ergeben sich jedoch nicht mehr als vier angesagte Stiche, so ist die Ansage wirkungslos.
2.3: Die Luftkarte
Die grüne Zehn wird als Luftkarte bezeichnet. Bekommt jemand diese Karte zugeteilt, so muß er diese als “Luftkarte” melden, bevor eine Karte ausgespielt wurde. Vergißt er sie anzusagen, und ein Mitspieler macht ihn beim Ausspielen darauf aufmerksam, so bekommt er 20 Punkte von seiner in dieser Runde erspielten Punktzahl abgezogen.
Bemerkt er erst, nachdem schon eine Karte ausgespielt ist, daß er die Luftkarte besitzt, so muß er hoffen, daß sie keiner bemerkt. Aber ansagen darf er sie dann nicht mehr. Das wäre Selbstverrat.
Sind in dieser Runde noch weitere Zehnen mit von der Partie, so wer den die Mitspieler ihre Zehnen “gegenlehnen”. Dies ist Ehrensache und wird bei Nichtbeachten nicht bestraft. Es hat sich sogar eingebürgert, die Enthüllungspflicht des Spielers mit der Luftkarte dadurch zu kompensieren, daß man willkürlich eine Karte des eigenen Blattes offenbart.
2.4: Die Kerbkarte
2.4.1 Der Kerb
Als Kerbkarte ist die blaue Acht ausgelegt. Wer die blaue Acht zugeteilt bekommt, sagt, wenn er an der Reihe ist, nicht an, sondern meldet “kerb”. Der Spieler mischt seine Karten und legt sie verdeckt auf einem Stapel vor sich hin. Dann deckt er immer die oberste Karte auf, wenn er an der Reihe ist. Für jeden Stich, den er erhält, werden ihm 5 Pluspunkte aufgeschrieben. Der Kerbspieler kann also keine Miesen bekommen.
Es erweist sich als sinnvoll, den Kerb in der Tabelle des betreffenden Spielers mit K zu markieren. Geht der Kerb-Spieler leer aus, so hat sich der Zusatz Orn (Null, Rhesus negativ) bewährt, erhält der Spieler Stiche, so notiert man Xrp (für X = 5,.. ‚40). Diese Zusätze sind sinnlos, aber richtig.
Übersieht er die Kerbkarte und sagt normal an, so bekommt er, vorausgesetzt er wird entdeckt, unabhängig von den in dieser Runde erspielten Punkten 30 Minuspunkte. Hat er bereits angesagt und ihm fällt auf, daß er die Kerbkarte besitzt, kann er nur noch hoffen, daß ihn kein Mitspieler beim Ausspielen ertappt.
2.4.2 Der Sinus-Kerb
Hat der Kerbspieler zusätzlich zur blauen Acht noch eine gelbe oder rote Dreizehn, so kann er einen Sinus-Kerb spielen, d.h., er kann den Kerb in beliebiger Reihenfolge aus der Hand spielen. Am Kerb-Punktesystem ändert sich nichts.
2.5: Die Blitzkarte
Als Blitzkarte ist die grüne Acht ausgelegt. Erhält jemand die grüne Acht, so sagt er zunächst noch gar nichts. Alle sagen normal an. Dann meldet der Spieler mit der Blitzkarte: “Blitz!!!”
Alle Spieler mischen nun ihre Karten und legen sie, zu einem feinen Stapel geordnet, verdeckt vor sich hin. Dann werden die Karten von oben herab ausgespielt. Am Punktesystem ändert sich nichts.
Hatte ein Spieler in dieser Runde einen Null ouvert angemeldet, so wird dieser in einen sterblichen Null umgewandelt. Schade. Wenn jedoch ein Null ouvert mit Hutschnur zur Debatte steht, verfällt die Blitzrunde (zugunsten der Aktion “Heulender Huf”).
Vergißt man die Blitzkarte und wird entdeckt, so erhält man, unabhängig von den in dieser Runde erspielten Punkten, 50 Miese.
Statistisch gesehen wäre jede 5. Runde eine Blitzrunde. Um dem Einhalt zu gebieten, wurde folgende Regelung getroffen: Tritt in einer Blitzrunde eine weitere Acht auf, so kann der Besitzer die Blitzrunde widerlegen. Sind noch weitere Achten im Spiel (die Kerbkarte eingeschlossen), so kann dieser Vorgang wieder rückgängig gemacht werden. Es gilt: Eine Acht widerlegt die andere.
Blitzrunden werden mit einem B vor jeder Zahl in der Tabelle markiert, widerlegte Blitzrunde mit einem durchgestrichenen B.
2.6: Die Tauschregel
Möchte ein Spieler eine Karte seines Blattes tauschen, so ist folgender Ausspruch wörtlich zu formulieren: “Ist jemand bereit zu tauschen, so antworte er mit: Ja!” Findet sich ein Tauschpartner, so antwortet dieser in der Tat mit “Ja!”. Die Spieler (es können auch mehr als zwei Spieler tauschen) geben sich gleichzeitig, verdeckt, im Uhrzeigersinn eine Karte. Dabei ist die jeweilige Karte des Gegners natürlich unbekannt.
Merke: Diese Regel gilt nur, bevor angesagt ist, an endlich vielen Tagen (Bsp.: Montag, Freitag, u.a.). Luft, Kerb- und Blitzkarte dürfen selbstverständlich auch getauscht werden.
Doch Vorsicht! Selbst der Siegerländer Volksmund sagt: “Wä dusche will, will fusche!”
Ob man wirklich tauschen will, muß man sich vor der Anfrage genau überlegen: findet sich nämlich ein Partner, so darf man sein Angebot nicht mehr zurückziehen. (Es könnte ja vorkommen, daß man aus durchsichtigen Gründen nur mit einer bestimmten Person tauschen möchte und dann, wenn sich ein anderer Tauschwilliger findet, dankend ablehnt.)
Sind die Tauschkarten aller Tauschpartner von einer Farbe, passiert das Wunderbare: die Tauschpartner tauschen nicht nur die Karte, nein, auch den Platz (es wird gegen den Uhrzeigersinn getauscht).
2.7: Die Mustangrunde
Es ist üblich, bei gewissen Anlässen sogenannte Mustangrunden einzuschieben. Bei ihnen zählen Gewinn und Verlust doppelt. In Mustangrunden spielt man deshalb besonders überlegt und sorgfältig, um sich nicht der Gefahr eines hohen Verlustes auszusetzen. Die Risikobereitschaft ist in der Praxis jedoch doppelt groß.
Doch wann spielt man eine Mustangrunde?
a) Wenn ein Null ouvert verloren geht, wird die nächste Runde zur Mustangrunde.
b) Ebenso nach einem gewonnenen Null ouvert mit Hutschnur.
c) Geht ein Null ouvert mit Hutschnur verloren, werden die nächsten beiden Runden zu Mustangrunden.
d) Ein Spieler hat einen Couleur auf der Hand, d.h. alle Karten sind von einer Farbe. Er meldet: “Couleur! Die nächste Runde wird zur Mustangrunde!” Dies muß angesagt werden. (Übrigens darf der Spieler dann auch nicht tauschen.)
Wenn zwei Anlässe aufeinandertreffen (z. B. ein Couleur und ein verlorener Null ouvert), so wird trotzdem nur eine Runde Mustang gespielt.
Wichtig: In Mustangrunden darf generell nicht getauscht werden!
Mustangrunden werden mit einem M vor jeder Zahl in der Tabelle markiert.
2.8: Die Leuchtrunde
Nach einer Blitz-Mustangrunde wird eine sogenannte Leuchtrunde eingeläutet. (Dies kann mit einer beliebigen handelsüblichen Glocke oder Schelle vollzogen werden. Der Kanzler läutet ein. (Bei Nichtbeachten wird die Runde annulliert.))
In einer solchen Runde müssen die Spieler die Farbe der ersten aufgespielten Karte eines Stiches bekennen. Kann man nicht bedienen, so muß (darf) man eine Karte anderer Farbe beilegen. Dabei verliert die Karte jeglichen Stellenwert. Am Punktesystem ändert sich nichts.
Tauchen in dieser Runde Blitz- und/oder Kerbkarte auf, so sind diese lediglich als grüne bzw. blaue Acht zu melden. Ihre Funktionen erlöschen. Nichtansagen wird jedoch mit den üblichen Strafen geahndet.
Leuchtrunden werden mit einem L vor jeder Zahl in der Tabelle notiert.
Selbst wenn in der Mustangrunde die Blitzkarte widerlegt wurde, wird die nächste Runde zur Leuchtrunde. Das Auftreten der Blitzkarte in der Mustangrunde ist also ausschlaggebend.
Außerdem wird die erste Spielrunde des zweiten Stapels eines Abends zur Leuchtrunde. Tritt der Blitz-Mustang zum ersten Mal auf, spielt man ausnahmsweise eine Zugleichrunde.
2.9: Die Zugleichrunde
Die Spieler nehmen ihre Karten auf, überlegen sich, was sie sagen möchten, und sagen dann, auf das “Zuuu…Gleich!”-Kommando des Kanzlers gleichzeitig (daher der Name der Runde) an. Nachdem sich jeder vergewissert hat, was der andere gesagt hat, gibt der Kanzler das Kommando zum Ausspielen der ersten Karte zum ersten Stich. Es wird gleichzeitig gelegt.
Der Spieler, an den der Stich ging, gibt das nächste Kommando, und so fort. Das besondere an dieser Runde ist, daß sich niemand an seinem Gegenspieler orientieren kann und keiner einen Vor- oder Nachteil hat. Treten in einer Runde gleichhohe Karten auf, so bleibt der Stich zunächst auf dem Tisch liegen. Es geht also im folgenden Durchgang um zwei Stiche. Bleibt der letzte Stich liegen, so geht er unentschieden an den Kartengeber zurück.
Zugleichrunden werden mit einem Z markiert.
(Der Kommando-Ausruf kann beliebig variiert werden. Der Phantasie des Rufers sind keine Grenzen gesetzt. Gut funktioniert auch “Zuuu.. .Klump!’)
2.10: Die Pfriemrunden
Leute, es pfriemt!
2.10.1 Der Pfriem
Diese lustige Runde kommt selten vor. Spielverlauf: Die Karten werden gemischt und ausgeteilt, aber nicht aufgenommen und angesehen. Man sagt reihum an. Dies erweist sich als höchst sonderbar und diffizil, denn man kennt sein Blatt nicht. Man sagt praktisch aus dem hohlen Bauch an, frei und intuitiv. Dann nimmt man die Karten auf und erfreut sich seines Blattes. (Humorlosen Spielern tritt schon mal der Angstschweiß auf die Stirn.) Dann wird normal ausgespielt, und man versucht, so gut es geht, die Ansage zu erreichen. Die Betonung liegt hier auf “versucht”.
Am Punktesystem ändert sich nichts. Luft-, Kerb- und Blitzkarte müssen nicht angesagt werden. Ihre Funktionen erlöschen. Sagt jemand trotzdem eine der Karten an, so ist es für die Mitspieler Pfriem-Pflicht, in ein schallendes Gelächter auszubrechen.
Der Anlaß für Pfriemrunden ist der sogenannte Lage-Couleur. Er tritt in Blitz- und Zugleichrunden auf, wenn alle Mitspieler eine Karte gleicher Farbe ausspielen. Der gleiche Effekt tritt in Janzrunden (siehe 12.2) auf, da auch dort die Kartenauswahl nicht willentlich geschieht. Dann wird also die nächste Runde zur Pfriemrunde. Merke: Jeder Lage-Couleur führt zwangsläufig zu einer Pfriemrunde. Es könnte also rein theoretisch vorkommen, das man nach einer Blitz- Zugleich- oder Janzrunde vier Pfriems zu absolvieren hat. Noch etwas zur Pfriemrunde: Ist ein Mitspieler unachtsam und nimmt zu Beginn des Pfriems die Karten auf (was ja strengstens untersagt ist), so werden ihm die Karten weggenommen, er erhält umgehend neue, erntet den Spott und die Verachtung der Mitstreiter und 20 Miese extra. Diese werden mit dem Ergebnis der Pfriemrunde verrechnet. Eigentlich schade! Das muß nicht sein. Also: Augen auf, beim Hutschnurspiel!
2.10.2 Der Tuschel-Pfriem
Besonders originell wird’s, wenn der Lage-Couleur gelb war. Dann spielt man eine Abart des Pfriems, den Tuschel-Pfriem. Der Unterschied zum Pfriem besteht darin, daß man nicht laut ansagt, sondern seinen (hohlen) Tip dem rechten Spielpartner in die Ohrmuschel flüstert (gegen den Uhrzeigersinn also). Man weiß demnach nur die eigene Ansage und die des Spielers, der nach einem legt. Eine wirklich reizvolle Variante. Für die zwei beim Ansagen gerade nicht beteiligten Spieler ist es nicht mehr als die Ordnung, sich laut über äußerst Belangloses zu unterhalten.
Pfriem und Tuschelpfriem werden mit Pfr und TPfr vor jeder Zahl in der Tabelle festgehalten.
2.10.3 Der Protest-Pfriem
Der Bätzepatt eines Abends ist berechtigt einmal pro Abend seiner trostlosen Situation Rechnung zu tragen, indem er seine Karten keines Blickes würdigt und wild aus dem Bauch heraus ansagt. Die erspielten Plus- oder Minuspunkte werden mit dem Faktor 5 multipliziert. Damit macht der Bätzepatt auf seine ausweglose Situation aufmerksam. Kennzeichnung im Heft: PP.
2.11: Das Ö-Verfahren
2.11.1 Die Stutzrunde
Sollte in einer Runde zusätzlich zur Kerbkarte erschwerend die Luftkarte auftauchen, so wird diese Runde augenblicklich zur Ö- oder Stutzrunde deklariert. Die Spieler drücken dies in einem spontanen allgemeinen Stutzen aus (sprich: öööööhhh !!??!!). Die Stutzrunde führt in letzter Konsequenz zum Spiel 77, welches in der kommenden Runde ausgespielt wird. (Ö = Hommage an Herb. G.)
2.11.2 Das Spiel 77
Die Hutschnurkarten werden anders ausgeteilt als üblich: Der Geber teilt zuerst drei Karten an die Spieler aus. Anschließend bekommt man noch eine vierte Karte ausgeteilt, welche jedoch verdeckt auf dem Tisch liegen bleibt. Dann sagt man reihum an. Weder der Spieler selbst, noch die Mitspieler kennen diese Karte. Man muß sie bei einem beliebigen Stich einer Runde ausspielen, ohne sie vorher einzusehen. Das wird zum Glücksspiel. Hinter dem Namen Spiel 77 verbirgt sich also eine heitere, spannende, risikoreiche, an Überraschungen nicht arme Runde mit einer herben Pointe! Am Punktesystem ändert sich nichts. Die Markierung im Heft: Ö für Stutzrunde, (77) für Spiel 77.
2.12: Das Janz-Verfahren
2.12.1 Die Honigzehn:
In Verbindung mit dem Janz-Verfahren sei zunächst die Honigzehn erwähnt, der in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommt. Durch ihre gelbe Farbe eindeutig bestimmt, hebt sie sich deutlich von den übrigen Zehnen ab. Die Honigzehn hat zwei wichtige Funktionen: Gemäß Regel 2.3 soll eine Zehn bei dem Erscheinen der Luftkarte gegengelehnt werden. Besitzt ein Spieler jedoch die Honigzehn, so muß er sie deutlich und für alle sichtbar gegenlehnen und den Mitspielern bekennen. Die Ehrensache wird also bei der Honigzehn zur Pflicht. Bei Nichtbeachten dieses Grundsatzes wird der Täter mit 20 Minuspunkten, die mit dem Punktgewinn/Verlust der betreffenden Runde verrechnet werden, bestraft.
Ist man übereingekommen, den Wanderpokal zu öffnen, so wartet man geschlossen auf die Honigzehn. Ist sie aufgetaucht, wird die nächste Runde automatisch zur Janzrunde erklärt. Ist die Janzrunde ausgespielt, wird anschließend der Pokal geöffnet, und der Spielbetrieb läuft dann wieder normal (was ist hier schon normal?!) weiter. Analog geht es zu, wenn der Wandercup geleert ist: Man wartet – oder besser – harrt auf das Erscheinen der Honigzehn und spielt in der nächsten Runde wieder einen Janz. Man könnte also sagen: Honigzehn und Janzrunde bilden den äußeren Rahmen für den Wanderpokal. Auch die These “Ohne Honigzehn und Janzrunde kein Wanderpokal!” trifft zu. Kann der Pokal innerhalb des Spielteils eines Hutschnurabends nicht mehr leergegessen werden (was sich aus zwingenden Gründen ergeben könnte), so wird das Auftauchen der Honigzehn im letzten Stapel eines Spielabends feierlich zum Anlaß genommen, in der nächsten Runde zu “janzen”. Falls bewußt oder grob fahrlässig an einem Abend kein Wanderpokal vorhanden sein sollte, kann dennoch die bloße Übereinkunft “Wir warten auf die Honigzehn!’ das Janz-Verfahren einleiten.
2.12.2 Die Janzrunde:
Diese Runde ist ein weiterer Meilenstein im Hutschnurspiel, sich noch tiefer ins Bodenlose zu stürzen. Erfahrungsgemäß bringt aber kaum eine andere Runde so viel herzerfrischendes Gelächter, solch eine prickelnde Spannung und eine allgemeine, helle Freude mit wie die Janzrunde. Nach Ausspielen der Runde soll sich aber auch schon Entsetzen breitgemacht haben. Die Karten werden normal ausgeteilt. Jeder Spieler nimmt die Karten auf, allerdings mit den Ziffern nach außen, so daß er selbst die Karten nicht einsehen kann. Dies hat den Effekt, daß die Spieler alle Blätter sehen können, nur ihr eigenes Blatt bleibt ihnen verborgen. (Zur Überprüfung: Ein Spieler hält seine Karten dann richtig, wenn er viermal das Hausser-Emblem der Spielkarten vor sich sieht.) Blickdichte Karten sind hierzu dringend erforderlich. (andernfalls muß für eine adäquate Beleuchtung gesorgt werden). Die Firma Ravensburger/F.X.Schmid/Hauser bietet eigens für diesen Zweck ab 9/96 blickdichtes Kartenmaterial an. Nachdem man sich die Blätter der anderen genau angeschaut hat, sagt man reihum an. Nun wird die fröhliche Runde ausgespielt, und so mancher wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.
Am Punktesystem ändert sich nichts. Markierung im Heft: JZ für Janzrunde.
Anmerkung: Sollte ein Spieler sein Blatt aufheben und irrigerweise auch anschauen und damit die Regeln der Janz-Runde völlig außer acht lassen, so werden alle Karten stillschweigend wieder eingesammelt und es wird kein Wort mehr darüber verloren. Der Geber teilt ein zweites Mal aus und versucht, die Janz-Runde nun durchzuführen.
2.13: Rabentage – die schwarze Fünf
Rabentage! Die tragende Rolle dieser Sonderregel füllt die blaue Fünf aus. Aus dieser lieben, freundlichen, oft so unauffälligen Fünf wird bei Anwendung der Regel eine hinterlistige Spezialwaffe mit Tiefenwirkung: die “schwarze Fünf” Wie das?
Die Fünf kann zum unübertreffbaren 2Oer-Killer werden. Spielt der stolze Besitzer der schwarzen Fünf seinen Trumpf aus und meldet dabei (oder am Ende des Stiches) “Rabentage!’, so ist jegliche 20 entmachtet. Tritt in diesem Stich eine 20 auf, so wird sie von der schwarzen Fünf übertroffen, egal ob die 20 vor oder nach der Rabenkarte gelegt wurde. Wohlgemerkt werden nur 20er entwertet. Gegen eine 19 oder 14 ist die schwarze Fünf machtlos, ja selbst bei einer dahergelaufenen gelben Neun muß die schwarze Fünf klein beigeben.
Daraus ergeben sich unzählige Strategienuancen, die den hier gesteckten Rahmen weit überschreiten würden. Man kann die schwarze Fünf selbstverständlich auch als sterbliche blaue Fünf verwenden, indem man die Formulierung “Rabentage!” unterläßt. So wird die blaue Fünf zu ihrer natürlichen Funktion zurückgeführt.
Diese Regel steht in Einklang zu sämtlichen anderen Sonderregeln und kann daher immer angewandt werden. (In Leuchtrunden kann die schwarze Fünf selbstverständlich nur die blaue 20 schlagen.)
Der Begriff “Rabentage” ist dem unglaublichen Programm des geschätzten Satirikers Erwin Grosche entliehen. Wir danken für sein Verständnis.
2.14: Die Treuhand
Die Treuhand sorgte im Jahr 1991 für Wirbel. Dabei ist sie so treu. Man muß sie nur bemerken.
Die Rede ist von der blauen 16. Hat man sie bei einer Spielrunde mit nach Hause genommen, so darf man sich dafür 5 Pluspunkte notieren. Dies geschieht, indem man sie zu den erspielten Punkten addiert. Man errechnet also seine Punktzahl (incl. etwaiger Mustangrunden etc.) und addiert einfach cool 5 Punkte dazu. Das kann man auch tun, wenn man einen wenig erfolgreichen Null hinter sich hat. Es lindert die Schmerzen. Der Schreiber kann – wenn er will – zur Erläuterung ein winziges TH ins Heft kritzeln (wird bei sonderbaren Ergebnissen empfohlen, um bei späterer Prüfung nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, er habe sich verrechnet. Bsp.: -35,0).
2.15: Der EVA-Block (einer für alle)
Sollte ein Abend völlig unspäktakulär ablaufen, d. h. sollte in vier aufeinanderfolgenden Spielstapeln keinerlei Sonderrunden auftauchen (die erste Leuchtrunde sowie jedwede Blitzrunde ausgenommen), so wird vom Schreiber ein EVA-Block ausgerufen.
Dabei handelt es sich um eine Aktion zur Verringerung der Langeweile. Mit Leibniz und den Bernoullis gesprochen, war dies die Geburtsstunde der Optimierung (”Das Beste ist des Besseren Feind”).
Sie werden nun zu Recht fragen, was der EVA-Block sei. Es ist in der Tat ein Optimierungs-Stapel. Jeder Spieler erhält pro Runde fünf Karten, wovon er eine Karte im Sinne der Optimierung herausfiltert. Man sieht sich die fünf Karten an, wickelt ein eventuelles Tauschgeschäft ab, legt dann eine Karte auf einen gesonderten Platz und spielt dann normal aus. Dieses wiederholt sich in den nächsten drei Runden, so daß für die letzte Runde vier optimierte Karten zur Verfügung stehen. Im gesamten EVA-Block ist jedweder Null-ouvert strengstens untersagt. In Spielerkreisen ist dieser Block nicht sonderlich beliebt, jedoch wird seine Notwendigkeit hingenommen.
Es dient dem Zweck, wenn man einen neuen Stapel durch ein Häkchen im Heft markiert, um die sonderrundenlosen Stapel nachzuweisen.
2.16: Das Offline-Verfahren
2.16.1 Der Offliner
Jeder Mitspieler erhält einmal pro Abend die Möglichkeit auszusteigen. Dann nämlich, wenn er sich einem nichtzumutbaren Blatt konfrontiert sieht. Er meldet, wenn er mit dem Ansagen an der Reihe ist: “Offline – ich steig’ aus.” Hiermit ist er auf der sicheren Seite, muß jedoch bei der späteren Abrechnung fünf Minuspunkte in Kauf nehmen (im Rahmen der Zweckgemeinschaft, siehe 2.17.2). Als Markierung und Gedankenstütze ist statt der Punktzahl die Buchstabenfolge “Offline” mitzuschreiben. Es schließt sich eine Zweckgemeinschaftsrunde an (ZG).
2.16.2 ZG – Die Zweckgemeinschaftsrunde:
Die sogenannte Zweckgemeinschaftsrunde (oder “Steig aus – steig um – steig ein – Runde”) fungiert als Wiedereingliederung des Offliners. Sie dient unter anderem dazu, den Teamgeist innerhalb der Gruppe zu stabilisieren und die Kooperations- und Verhandlungsbereitschaft jeweils zweier Spieler zu prüfen. Man spielt kreuzweise zusammen, wobei jedoch nur die Ansage jeweils eines Spielers zählt.
Verlauf: Zunächst wird in Erfahrung gebracht, wer “normalerweise” an der Reihe wäre zu sagen. Dadurch wird das Team bestimmt, welches zuerst in Verhandlungen treten muß. Das Team beratschlagt nun, wer von beiden ansagen soll. (Die Kunst der Verhandlung beherrscht der Spieler, der seinem Spielpartner größtmögliche Informationen über die Schlagkraft seines Blattes vermittelt, ohne dabei der Gegenpartei zu viel über das Blatt zu offenbaren. Bei der rein verbal ablaufenden Verhandlung ist somit ein wacher Verstand und ein reger Geist nötig.)
Da bei der Zweckgemeinschaftsrunde die Ansagen “Null” oder “Null ouvert” deutlich und mit Entschiedenheit abzulehnen sind, wird die Person ausgesucht, die die vermeintlich höheren Karten hat. Hat das erste Team den Ansager gefunden, tritt das zweite in Verhandlung. Wurde auch dort eine Übereinkunft getroffen, sagen nun die ausgewählten Spieler an – zunächst Team Eins und dann Team Zwei. Nun werden die Karten normal ausgespielt. Dabei versuchen die Teams, die Ansage des jeweiligen ausgewählten Spielers zu erreichen. Nur die Stiche, die die gewählten Spieler bekommen, gehen in die Wertung ein. Stiche, die die Mitspieler einsacken, zählen nicht. Die Plus- bzw. Minuspunkte, die der jeweilig ausgewählte Spieler erwirtschaftet, werden beiden Spielern des Teams berechnet. Dabei dürfen die 5 Minuspunkte, die dem Offliner der Vorrunde noch abgezogen werden müssen, nicht vergessen werden.
2.17: Die Bananenkarte
Die gelbe Sieben wird gerne auch als Bananenkarte bezeichnet. Sie fungiert als Joker, wenn man sie als erste Karte eines Stiches aufspielt. Dabei darf der Ausspielende den Wert der Karte nach Gutdünken bestimmen. Beim Ausspielen teilt er den Mitspielern laut mit, welchen Wert die Bananenkarte annehmen soll. Zulässige Werte: 1 bis 20. Hiermit eröffnen sich auch bei schwierigen Blättern interessante Möglichkeiten.
2.18: Das Pegasus-Verfahren
2.18.1 Die Wochenkarte:
Tritt die rote sieben in der ersten Runde eines Stapels auf, wird die folgende Runde zur Pegasusrunde (siehe 2.18.2). Fällt die rote Sieben nicht auf, wird die folgende Runde nicht zur Pegasusrunde. Es geschieht nichts.
2.18.2 Die Pegasusrunde:
Die Austeilung der Karten findet in gewohnter Weise statt. Doch damit nicht genug. Die Neigungen und Interessen eines jeden Mitspielers werden hierbei berücksichtigt und treten besonders hervor.
Nun, was steckt dahinter? Das Prinzip ist einfach: Es wird nicht blattweise, sondern stichweise angesagt. Man teilt den Mitspielern vor jeder Runde also mit, ob man an dem aktuellen Stich Interesse hat oder nicht. Es wird reihum Interesse oder Desinteresse an dem ersten Stich bekundet.
Nun, was steckt dahinter? Das Prinzip ist einfach: Man sagt stichweise und nicht blattweise an. Finden sich nun mehrere Interessenten oder gar keiner, dann wird’s interessant. Der Stich wird normal ausgespielt und jeder versucht, seinem Interesse gerecht zu werden.
Nun, was steckt dahinter? Das Prinzip ist einfach: Die Ansage erfolgt stich- und nicht blattweise. Je nach Resultat werden fünf Plus- bzw. Minuspunkte notiert. Das Endergebnis ergibt sich aus Addition der vier Runden.
Dieses Ergebnis wird im Heft vermerkt und mit einem kleinen gemalten Pferdchen dekoriert. Es reicht aber auch bei ungeübten Schreibern ein einfaches Peter-P.
2.19: Der Optiker
In dieser Runde sagt man nicht laut an, sondern schreibt seinen Tip auf einen Zettel und legt diesen dann verdeckt auf den Tisch (es empfiehlt sich, kleine Zettelchen bereit zu halten, möglichst mit der Aufschrift “Der Optiker”). Hierbei ist besondere Achtsamkeit vorzusehen, denn ein Bekanntwerden der Ansage wäre dem Spielwitz sehr abträglich. Man spielt normal aus. Dadurch, daß man keine Aussagen der Mitspieler kennt, wird dieser Vorgang zum Eiertanz. Gleichwohl werden in keiner Runde solche Reifen gespielt wie hier. Blöff und Pokerface sind hier vonnöten.
Diese Runde spielt man nur, wenn der Luftkarte zwei Zehnen gegengelehnt wurden. Damit wird die aktuelle Runde zum Optiker.
2.20: Die Schattenrunde
Die Schattenrunde ist ein weiterer Meilenstein in der nun schon 15-jährigen Hutschnur-Geschichte. Diese hochstrategische Variante bietet die Möglichkeit jedweden Mitspieler restlos zu verunsichern.
Wie daß?
Jeder Mitspieler hat die Möglichkeit, zwei seiner Karten verdeckt einzubringen. Er muß es aber nicht. Nach Ausspielen eines jeden Stiches werden etwaige verdeckte Karten umgehend offengelegt. An den Hutschnur-Grundfesten wird dabei jedoch nicht gerüttelt: Sowohl am Punktesystem, als auch an der Methode der Stichgewinnung ändert sich nichts.
Wann daß?
Hat einer der Mitspieler ein Schattenblatt (alle vier von der Firma Hausser festgelegten Grundfarben sind in einem Blatt vorhanden), so wird diese Runde augenblicklich zur Schattenrunde. Charakteristisch für ein Schattenblatt ist der hohe Farbkontrast in der Hand. Es kann daher auch von ungeübten Spielern leicht erkannt werden. Aufgrund der strategischen Bedeutung ist jedoch eine gewisse Spielerfahrung obligatorisch. Das Schattenkonzept ist auf zwei Runden pro Spielabend limitiert. Doch Vorsicht: Nachts sind alle Schatten länger.
Anmerkung: Der Besitzer eines Schattenblattes hat den Schatten im Blick. Das Lachen der Mitspieler ist gemalt.
2.21: Die Gauselmannrunde
Die Gauselmannrunde beschließt den Spielbetrieb.
Damit wird die letzte Runde eines Hutschnurabends automatisch zur sog. Gauselmannrunde. Danach ist nichts mehr möglich. Die Runde wird durch ein großes G vor jedem Punktestand im Heft markiert. Am Punktesystem ändert sich nichts.
2.22: Die Boßelrunde
Boßeln ist eine beliebte Sportart der Ostfriesen. Die Boßelsaison geht von Oktober bis März. Gespielt wird bei Wind und Wetter.
Was hat nun Boßeln mit Hutschnur zu tun?
Nun, das Prinzip ist einfach: ist ein Spieler an einem Spielabend bereits ausgestiegen und sieht sich erneut einem subjektiv unspielbarem Blatt ausgesetzt und ist noch dazu als Erster an der Reihe zu sagen, so kann er die Boßelvariante wählen.
Was ist die Boßelvariante?
Nun, das Prinzip ist einfach: Statt anzusagen meldet er Boßeln! Jeder Mitspieler wählt nun eine Karte aus, welche im folgenden völlig zweckentfremdet wird.Dabei ist nicht die Höhe der Karte ausschlaggebend, sondern ihre Flugeigenschaft. Die Spieler vereinbaren eine Startlinie und jeder Spieler wirft nun seine Karte soweit er nur kann. Nachdem alle Mitspieler geworfen haben erhält der Spieler, dessen Karte am weitesten geflogen ist 20 Punkte, der Zweitweiteste erhält 15, der Drittweiteste 10, und so weiter.
Die drei restlichen Karten des Blattes werden einfach abgegeben.
Außerhalb der Boßelsaison (April – September) kann ein Spieler auch Boßeln melden, dann muss jedoch bei allen Mitspielern Einigkeit über sein Anliegen herrschen.
2.23: Der Tisch-17-Stapel
Jahr 2022 – Sportalm Gipfelglück – Lüdenscheid A45 – Tisch 17. Das ist die Geburtsstunde des Tisch-17-Stapels. Beim dritte Stapel eines Abends wird der Tisch-17-Stapel ausgerufen. Taucht nun die erste 17 auf, passiert Erstaunliches: diese Karte neutralisiert einen Stich! Wird die 17 abgelegt, wandert dieser Stich in den Umtopf und wird nicht gewertet. Taucht in der Runde eine weitere 17 auf, so wird auch dieser Stich neutralisiert!
Nachdem eine 17 aufgetaucht ist, wird die nächste Runde autmatisch wieder zu einer normalen Runde, der Tisch-17-Stapel ist beendet.
Am Punktesystem ändert sich nichts, das Erstaunen der Mitspieler steigt. Eine aktive Tisch-17-Runde wird mit einer 17 in einem Kreis markiert.
Zu 2.3, 2.4, und 2.5
Eine vergessene Luft-, Kerb- oder Blitzkarte muß innerhalb eines gespielten Stiches erkannt werden (es darf noch keine Karte für einen neuen Stich ausgespielt sein). Beim letzten Stich einer Runde dauert die Erkennungsfrist bis zu dem Zeitpunkt der Entfernung der ausgespielten Karten vom Spieltisch. Hat jemand eine besonders benannte Karte übersehen, muß er sie trotzdem so offen wie alle anderen Karten ausspielen. Im Interesse der Fairness.
Danke!