1: Die Grundlagen

HUTSCHNUR® – ein geselliges Strategiespiel für Jugendliche und Erwachsene, ausgelegt für vier Spieler.

Zunächst ein paar Worte in eigenem Interesse: HUTSCHNUR ist mehr als nur ein Spiel. Es geht um Geselligkeit und Gemeinschaft unter Freunden. Am besten spielt man Hutschnur mit festen Spielpartnern, die sich regelmäßig, über Jahre hinweg, treffen. So wird Hutschnur zum Erlebnis. Man lernt den „Gegner“ kennen, man weiß, was er riskiert und was nicht, ob er bei einer Ansage blufft oder ob er wirklich die Sicherheit auf der Hand hat, von der er mit so großen Worten tönt. Nur: Man kann sich dabei auch gewaltig irren…

1.1: Material

Ein “Elfer-Raus”-Spiel mit 80 Karten (4 Farben à 20 Karten), ein Schreibblock und ein Kugelschreiber.

1.2: Spielvorbereitung

Die vier Spieler nehmen an einem Tisch so Platz, daß sie sich nicht gegenseitig in die Karten sehen können. Ein Spieler wird zum Schreiber, ein anderer zum Geber ernannt. (Schreiber und Geber können selbstverständlich auch Personen sein, die nicht aktiv am Spiel teilnehmen.)

1.3: Grundidee

Jeder Spieler sagt vor jeder Runde laut an, wieviel Stiche er höchstwahrscheinlich bekommen wird. Dann werden die Karten ausgespielt und die wirklich erhaltenen Stiche mit dem Tipp vorher verglichen. Danach richtet sich die Punktzahl. Das hört sich eigentlich ganz einfach an. Doch die etwas komplizierteren Sonderregeln (siehe Kapitel 2) sind es, die Hutschnur zu dem machen, was es ist: ein interessantes Strategiespiel.

1.4: Spielverlauf

Die Sitzordnung ist folgendermaßen:

Sitzordnung

Spieler A ist der Geber. Er teilt aus. Je zwei Karten in zwei Gängen (pro Spieler also vier Karten). Es wird gelost, wer als erster ansagt. (Dies kann geschehen, indem man einen Kugelschreiber auf dem Tisch dreht.)
Dazu ein Beispiel: Die Spitze zeigt auf Spieler B. Er muß zuerst ansagen. Das ist natürlich ein Nachteil, denn er weiß ja nicht, was die anderen Mitspieler sagen wollen. Die Nachfolgenden können sich jedoch an der Ansage orientieren.
Nachdem also alle Spieler reihum (im Uhrzeigersinn) gesagt haben, spielt Spieler B die erste Karte aus. Derjenige, an den der Stich fällt, d. h. der die hochwertigste Karte gelegt hat, muß als Nächster ausspielen usw., bis alle Karten einer Runde ausgespielt sind. Werden bei einem Stich zwei oder mehrere Karten von gleichem Wert gelegt, so gewinnt immer die, die zuletzt gelegt wird.
Dann, nachdem alle Stiche getätigt sind, meldet jeder Spieler dem Schreiber seine erreichte Punktzahl (siehe unter “Punktesystem”). Nachdem alle Plus- und Minuspunkte aufgeschrieben sind und die gebrauchten Spielkarten vom Spieltisch entfernt sind, wird neu gegeben. Nun muß der Spieler links von B, also C, zuerst ansagen und auch zuerst aufspielen. In der nächsten Runde sagt D als erster, dann A usw.

1.5: Das Punktesystem

Jeder Stich hat einen Grundwert von 5 Punkten. Wenn nun ein Spieler “zwei” angesagt hat und auch zwei Stiche bekommt, so erhält er 2 x 5, also 10 Pluspunkte. Bekommt er nur einen Stich, so werden ihm 5 Minuspunkte aufgeschrieben.
Regel: Für jeden Stich, den man zuviel oder zuwenig bekommt, erhält man 5 Minuspunkte.
Hätte der Spieler also drei bekommen, so würden ihm ebenfalls 5 Punkte abgezogen. Bekäme er alle vier, so erhielte er 2 x 5, also 10 Minuspunkte. Wenn er aber gar keinen bekommen hätte, so erhielte er, na? … 20 Minuspunkte, richtig! Wieso das nun wieder? Sie werden sich sagen: Zwei Stiche zuwenig, das sind 2 x 5, also 10 Minuspunkte. Daß es nun aber 20 Minuspunkte gibt liegt an dem “Null”, der Seele des Hutschnurspiels. Wenn ein Spieler “einen”, “zwei”, “drei” oder “vier” ansagt und keinen Stich bekommt, so erhält er immer 20 Miese! Wenn man aber “null” ansagt, und auch keinen Stich bekommt, erhält man 20 Pluspunkte. Geht der Null jedoch verloren, so erhält man wiederum 20 Minuspunkte. Dabei ist es egal, wie hoch der Null verloren geht (d. h. ob man einen, zwei, drei oder vier Stiche bekommt).
Das Punktesystem wird vielleicht etwas klarer, wenn man sich die folgende Tabelle einmal genau ansieht:

AnsageErhaltene StichePunkte
“einen”0-20
1+5
2-5
3-10
4-15
“zwei”0-20
1-5
2+10
3-5
4-10
“drei0-20
1-10
2-5
3+15
4-5
“vier”0-20
1-15
2-10
3-5
4+20
“null”0+20
1, 2, 3 oder 4-20

1.6: Das Aufschreiben

Eine Hutschnur-Tabelle muß etwa so aussehen:

MichaelBerndThomasHenning
-20-5510
-4015105
-2510-10-15
-2015-5-10
02015-25
-202510-15
…und später…
B 63500B 61510B 61445B 61020
Pfr 63520Pfr 61505Pfr 61450Pfr 61025
63540615006145561030
635206149561475SK 61030
63500615006149561040
63505614956150061050
Auszüge aus den Originalunterlagen der Urheber

Man beginnt also bei 0 und rechnet die Punkte dazu oder zieht sie ab. Der Schreiber sollte im Kopfrechnen einigermaßen flott sein, denn die Spieler wollen natürlich gerne ab und zu ihre Abstände zueinander oder ihre Anstände wissen.

1.7: Die verschiedenen Arten des Nulls

1.7.1. Der Null
Der Spieler versucht keinen Stich zu bekommen. Dabei werden die Karten verdeckt – also wie üblich – in der Hand gehalten. Punkte: +20; – 20

1.7.2 Der Null ouvert
Der Spieler, der “null ouvert” sagt, muß seine Karten, nachdem reihum angesagt wurde, offen auf den Tisch legen. Die Mitspieler können eventuelle Schwächen im Blatt kaltblütig ausnutzen und den Spieler systematisch “verheizen”! Das darf jedoch nicht Resultat einer Absprache sein, sondern die Frucht individueller, nonverbaler Reflexion der Mitspieler. Man kann jedoch nicht jeden Null ouvert kaputtmachen. Oft scheitert dieses Unternehmen an einem Spieler, der z.B. nur zweistellige Zahlen hat. Manch ein Spieler sah jedoch schon seine Annahme eines sicheren Blattes auf schmerzliche Art und Weise widerlegt, und mußte zusehen, wie er seinen àWilhelm einfach nicht los wurde und mit ihm den letzten Stich einfing. Nach längerer Spielpraxis wird man merken, wann man einen Null ouvert wagen kann, und wann nicht. Punkte: +40; -40.

1.7.3 Der Null ouvert mit Hutschnur
Auch hier legt der Spieler die Karten offen auf den Tisch. Das besondere: Man kann nicht bestimmen, in welcher Reihenfolge man die Karten ausspielen wird. Dies ist von Anfang an festgelegt: zuerst die höchste (!) Karte, dann die zweithöchste, die dritthöchste und zuletzt die niedrigste. Dies kann man nur spielen, wenn man Existentiell-Super-Extrem-Niedrig-Karten hat. Und zwar alle vier! Wenn man als Höchstes eine 6 hat, kann der Erfolg eines Null ouvert mit Hutschnur schon fragwürdig sein. Er kann auch bei einer 4 noch kaputtgehen. Es ist sogar schon bei einer 2 vorgekommen. Punkte: +80; -80.

1.8: Der Wanderpokal

Der sogenannte Wanderpokal ist eine Stiftung des Lebkuchenbäckers und Honiglieferanten E. Otto Schmidt. Der Spieler, der an einem Abend die meisten Punkte erwirtschaftet, bekommt den Pokal verliehen und muß ihn beim nächsten Treffen mit irgendeiner kleinen Leckerei gefüllt wieder mitbringen (der Wanderpokal wird in Fachkreisen gerne auch als Milbentopf bezeichnet). Es hat sich mit der Zeit eingebürgert, daß man zunächst den Pokal reihum weitergibt, und die Mitspieler versuchen herauszufinden, was eventuell der Inhalt sein könnte (z. B. Eibisch-Mandel-Plätzchen, Honig-Hanf-Schnitten o.ä.). Dabei ist eine gesunde, aber wohlwollende Skepsis angebracht. Hat nun jeder seine Vermutungen oder Befürchtungen vorgebracht, öffnet ihn der Spieler, der den Wanderpokal mitgebracht hat und bietet die Köstlichkeiten den anderen dar. Gewinnt ein Spieler den Wanderpokal viermal hintereinander, so wird sein Name samt Datum feierlich auf der Arnentafel, die zu diesem Zwecke eigens an dem Wanderpokal befestigt wird, verewigt. Dies ist eine hohe Auszeichnung für den Hutschnurspieler und bescheinigt ihm seine stetigen Leistungen. Die Mitspieler sind jedoch besonders wachsam, wenn ein Spieler bereits dreimal den Cup gewonnen hat und nun droht, ihn ein weiteres mal zu gewinnen. Es kommt vor, daß an solchen Abenden bares Hutschnur gespielt wird.

1.9: Der Schmollcke

Der Schmollcke bildet das Gegenstück zum Wanderpokal. Die hier abgefassten Spielregeln sind unter dem Namen Schmollcke zusammengefaßt. Der Spieler, der am Abend die wenigsten Punkte ergattert hat, muß den Schmollcke mit nach Hause nehmen. Beim nächsten Treffen muß er außerdem in der Lage sein, einen ihm wichtig gewordenen Satz aus dem Schmollcke auswendig zu zitieren. Damit soll sichergestellt werden, daß der Spieler den Schmollcke Zuhause studiert hat und somit ein besseres Abschneiden in den Spielrunden zu erwarten ist.

1.10: Rang- und Sitzordnung

Nach ein bis zwei Abenden hat sich eine Rangfolge herauskristallisiert, für die folgende Begriffe eingeführt sind:
1. Kanzler
2. Opposition
3. Große Partei
4. Kleine Partei

Auch die Sitzordnung wird nach der Rangordnung vorgenommen: A = 1, B = 2, C = 3, D = 4 (vgl. Kapitel 1.4). Das gibt eine Auflockerung für den Spielabend, denn ab und zu werden schon mal die Sitzplätze getauscht. Doch Vorsicht: Mit dem Platz ist ein enormes Prestige verbunden. Daher empfehlen wir tunlichst – im eigenen Interesse – einen Platzrücktausch erst vorzunehmen, wenn die Punktedifferenz mehr als vier Dutzend beträgt (bitte beachten: Gläser sind rechtzeitig mitzutauschen). Die Sitzordnung hat aber natürlich auch einen wohlüberlegten strategischen Wert, den wir jedoch der Phantasie und dem klaren Verstand des Lesers überlassen.

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